Gartentagebuch

2022

Es wird durchgeblüht

Das war ein Motto des großen Staudengärtners Karl Foerster. Er bezog es allerdings auf einen Steingarten aber ich will das Motto als ambitioniertes Ziel für meinen Garten anwenden. Wie die Erfahrung zeigt, ist es sehr schwierig in Gärten mit begrenzten Ausmaßen Beete zu bepflanzen, die in einer Jahreszeit optimal aussehen. Das hielt auch schon Vita Sackville-West für nahezu unmöglich und löste in Sissinghurst das Problem so, dass sie einzelne Beete einer Jahreszeit zuordnete um das optimale Aussehen zu erreichen. Das ist natürlich in einem Hausgarten völlig unmöglich, deshalb hilft wie immer nur der Kompromiss und die Vermittlung der Ahnung, was man erreichen möchte.

Vielleicht könnte ich so vorgehen, dass ich bestimme wann in welchem Beet der Blühhöhepunkt liegt. Zum Beispiel im Spielwald mit Sicherheit im Frühling, wenn die frühen Zwiebelblumen, die Erytronium, die Epimedium und die Vinca minor in der Fläche blühen und der frühe Rhodendron Cunningsham White seine Blüten beisteuert. Wenn in diesem Beet die in Folge blühenden Maiglöckchen, die Ramblerrose Lykkefund und die Geranium verblüht sind, wird es blühmäßig sehr ruhig. Allerdings gibt es auch keinen Platz mehr, wohin ich etwas pflanzen könnte. Das zeigt ziemlich gut das Dilemma.

Der Winter 2021/2022 war bisher eigentlich keiner, aber bekanntlich reicht eine kalte Nacht um Schäden an mediterranen Pflanzen anzurichten oder wie passiert im Januar eine einzige Nacht mit  20cm nassem Schnee um unseren Rosenbogen mitsamt der Rosenwand umzuwerfen. Die Last war so groß, dass der Bogen samt Fundament umgefallen ist. Jetzt Mitte Februar habe ich die Rosen stark zurückgeschnitten - das ist einfacher als sonst, aber auf diesen Vorteil hätte ich gerne verzichtet - aber wir haben ihn noch nicht aufrichten und ein neues Fundament erstellen können, da es einfach zu nass ist. Mitte März, nachdem ein mächtiges Hoch uns tagsüber Sonnenschein und nachts Frost beschert hat, konnten wir die Baustelle angehen: es hat sich allerdings herausgestellt, dass ich beide Rosen bis auf wenige Triebe total herunterschneiden musste. Jetzt stehen Rosenbogen und Rosenwand wieder aber es sieht völlig kahl aus. Ich bin gespannt, wieviele Blüten es in diesem Jahr gibt, die Pracht des vorigen Jahres kann ich nicht erwarten! Im Umfeld des Bogens musste ich natürlich alles ausgraben und neu pflanzen: besonders die beiden Clematis, die  Cyclamen hederifolium, die ich flächig darunter gepflanzt hatte und natürlich mein gehätscheltes Asarum, das sich in 40 Jahren (!) flächig ausgebreitet hatte.  

Die andere Baustelle war das Fällen des gestorbenen Nussbaums im hinteren Garten. Der Gartenbauer, bei dem ich schon im Jahr davor die  Fällung beauftragt hatte, war nicht gekommen und hat den Termin immer weiter verschoben. Nach den starken Frühjahrstürmen, bei dem in der ersten Nacht große Äste abgebrochen sind und die ganze hintere Dachfläche voller Äste lag, war Gefahr im Verzug und er musste die Fällung auch bei schwierigen Wetterverhältnissen angehen. Er entschied sich, einen Schnitt im unteren Stammbereich anzubringen und den Baum per Seil mittels eines Traktors umzuziehen. Für alle überraschend fiel der Baum mit relativ leichten Zug einfach mitsamt Wurzel um! Er hatte nämlich fast keine Wurzeln mehr! Im nachhinein betrachtet hatten wir großes Glück, dass er während der Sturmnächte nicht aufs Haus gestürzt ist. Die Ursache des Baumsterbens war wahrscheinlich der Befall durch den Brandkrustenpilz, der die Wurzel befällt und ein gefürchteter Baumzerstörer ist, da man an den oberirdischen Teiles eines Baumes lange keine Schäden sieht. Dieser Pilz befällt, wie mir der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen - Fachgebiet Beratungsteam Pflanzenbau -, die ich um Beratung gebeten hatte, mitteilte, normalerweise keine Junglans regia, aber die schwarzen Pilzausblühungen, die ich in vergangenen Jahren am Stammgrund erinnere, sprechen trotzdem für die Diagnose. Jetzt haben wir viel schönes Walnussbaumholz ... und viel Arbeit. Über eine Nachpflanzung denke ich noch nach.

  • Die zerstörte Wurzel des Walnussbaumes

Heute am 9.4.22 haben wir ihn gepflanzt: den "Neuen". Es ist ein Sorbus aria lutescens - eine gelbfilzige Mehlbeere geworden. Ein viel kleinerer Baum, höchstens 6m hoch, Hochstamm, trockenverträglich, einheimisch mit Angeboten für Vögel und Insekten und einem sehr schönen Blatt. Wir haben ein Stück weiter unten gepflanzt zur Vermeidung eines eventuellen Risikos wegen des Pilzbefalls und in Abstand zur Grenze, damit niemand meckern kann. Jetzt muss er nur noch schön anwachsen und sich wohlfühlen! Es war nicht sofort klar, dass ein neuer Baum Weiterungen nach sich zieht: der Weg zum Kompost fand eine neue Bewertung und musste neu verlegt werden, um den Baum herum entstand ein neues Beet, das auch neu abgegrenzt werden musste und der Abschluss zum Weg bot auch die Möglichkeit neu zu gestalten. In dieses neue kleine Beet sind ein Ableger von Phlomis russeliana und der Alant eingezogen, der Rest der Bepflanzung wächst aus Geranium und Lamium zu einer geschlossenen Pflanzendecke heran. Das ist zumindest der Plan! Durch die Gesamtheit der Arbeiten haben wir zusätzlich einen ordentlichen Arbeitsplatz vor dem Kompost zusammen mit einem neuen Zaun und einem Törchen zur darüberliegenden Wiese.

  • der „Neue“
  • Herr und Frau Kohlmeise haben beschlossen in einer Skulptur auf unserer Terrasse zu nisten.
  • auch größere Ästchen werden solange gedreht bis es passt. Das Nestchen ist wunderbar mit Moos ausgepolstert, es sind 8 Eier gelegt und Frau Kohlmeise brütet. Herr Kohlmeise füttert sie und hält Wache während er lautstark flötet.
  • Epimedium versicolor Sulphureum haben sich schön vermehrt und blühen üppig.
  • der Ginster im Vorgarten hat unglaubliche Ausmaße angenommen und wächst über die Garageneinfahrt. Nach der Blüte muss ich ihn heftig beschneiden.
  • Päonie in tiefen Magentarot. Ich weiß leider nicht ihre genaue Bezeichnung aber in diesem Jahr hat sie immerhin drei Blüten.

Pünktlich zu der diesjährigen Gartenöffnung  im Rahmen der offenen Gärten Oberes Weiltal und Umgebung blühen die Rhododendron. Wir halten bei den sehr sommerlichen Temperaturen die Luft an, dass die Blüte bis zum 22. Mai anhält. Einige Rosen öffnen auch schon ihre Blüten. Die folgenden Videos vermitteln einen Eindruck, wie sich der Garten zur Öffnung präsentiert. Gartenrundgang Teil 1 und Gartenrundgang Teil 2.
Aber nur das Erleben mit allen Sinnen ist die Wirklichkeit!  

Der trockenste aller bisherigen Sommer hat mir neue Erkenntnisse beschert: einige Stauden halten die Hitze einfach nicht aus. Dazu gehört definitiv mein weißer Phlox paniculata im großen Staudenbeet. Schlecht ergeht es auch den Astilben, weniger wegen der Trockenheit sondern wegen der intensiven wenn auch kurzen Sonneneinstrahlung am späten Nachmittag: die Blätter verbrennen. Cimicifuga fühlt sich auch nicht besonders gut und Astrantia leidet. Eigentlich leidet vieles aber vieles hat auch eine ungeheure Regerationsfähigkeit sobald etwas Regen fällt. Die braune Wiese hat mein Herz auch nicht besonders erfreut. Deshalb haben wir uns entschlossen, die Wiesenfläche zu verkleinern und ein trockenheitsresistentes (hoffentlich) Präriebeet anzulegen.

Angeregt durch das Buch -Mein Vision wird Garten- von Peter Jahnke sind wir zu einem Besuch seines Gartens nach Hilden gefahren. Umwerfend und inspirierend: nur so kann ich beschreiben, was die Kombination und Verwendung von Bäumen und Stauden, die Peter Jahnke in seinem Garten verwirklicht hat, bei mir ausgelöst hat. Traumhaft schön und beeindruckend, welcher Effekt von eigentlich bekannten Stauden durch die gekonnte Kombination erreicht werden kann. Mitgenommen habe ich vor allen Dingen Anregungen wie ich im Steppenbeet Gräser einsetzen kann. 

Also nun ein neues Experiment im Garten:

Ein Präriebeet oder Steppenbeet in seiner Reinform wird und kann es nicht werden, da ein kleiner Teil nicht so sonnig ist wie in einer Steppe. Die Bepflanzung muss darauf Rücksicht nehmen. Auch kann es nicht so groß werden, wie ich es gern hätte, es werden nur ca. 12 qm.

Aber auch für diese Fläche ist ein nicht unerheblicher Aufwand nötig, wenn ich eine Chance haben will, dass die Pflanzen wachsen.

Im ersten Schritt haben wir die Grasnarbe abgetragen, dann als zweite Aktion umgespatet, was erst nach intensiven Regen Mitte September möglich war. Zutage kam der typische Boden unserer ursprünglichen "Kuhwiese": inzwischen ca. 10 cm Humus, darunter Faulschiefer vermischt mit Ton. Um überhaupt zu einem einigermaßen passenden Boden zu kommen, mischen wir im dritten Schritt viel gewaschenen Sand unter. Die nahezu geniale Idee meines Mannes von einem Freund eine Fräse auszuleihen, hat die Arbeit ordentlich vorangebracht: umfräsen, dann Sand aufbringen und nochmals umfräsen. Dann konnte ich pflanzen, zuerst die Stauden, die aus anderen Beeten umziehen konnten und die Gräser und das was ich zukaufen muss. Im vierten Schritt bedecken wir die ganze Fläche mit Lavagrus zur Verminderung der Verdunstung. 

Am 17.10 ist auch der Lavagrus auf das Beet aufgebracht und wir werden jetzt sehen wie sich die Pflanzen entwickeln und welcher Effekt die Bodenbedeckung zeigt. Jedenfalls hat es in der Nacht zum 18.10 in wenigen Stunden mehr als 40 Liter geregnet ohne dass sich auch nur ein Lavabröckchen bewegt hätte.

  • Schritt 1: Präriebeet ohne Grasnarbe. Das Wiesenrondell in der Mitte soll bleiben, da dort im Frühjahr die Wiesenmargeriten blühen. Das restliche Beet soll seinen Höhepunkt im Sommer und Herbst haben.
  • Schritt 2: Umspaten: eine Herausforderung in diesem Boden. Man sieht deutlich die Anteile von Ton und Faulschiefer. Erst nach dem kräftigen Regen war das Umspaten möglich.
  • Das umgespatete Beet wartet auf den Sand zum untermischen. In der Mitte stehen zur Aufmunterung schon mal die großen Gräser Panicum virgatum Shenadoah.
  • Sand fertig eingefräst. Die kleine Sandsteinstele in der Mitte des Wiesenrondells habe ich von einer Freundin erhalten. Die mit Steinen betonte Spitze des Beetes ist auf den Altar bezogen und genau nach Norden ausgerichtet.
  • Es sind schon einige Stauden und Gräser gepflanzt und die Sonne malt Lichtpunkte auf die Spitze mit Hakonechloa und die Stele.
  • Am 30. September sind die Randsteine verlegt.
  • Blick von der oberen Terrasse
  • Das fertige Beet

 

November: Normalerweise kein Monat in dem ich schon denken müsste: Der Garten ist auch im Winter schön. Nein, in diesem Jahr haben die Astern noch bis Mitte November geblüht, die meisten Blätter waren noch an den Bäumen und Schmetterlinge und das Taubenschwänzchen besuchten noch die Astern! Soviel Sonne und milde Temperaturen waren selten und mein Garten selten so grün und vor Leben strotzend. Auch der Wald hat bis Anfang Dezember immer noch den Anblick Herbst geboten, der Acer campestre an der Grenze zum Wald hat durch seinen natürlichen Wuchs ein gelb-grünes Schauspiel geboten. Der ausbleibende Frost hat dies ermöglicht. Das hat zur Folge, dass ich in diesem Jahr nur die Stauden abgeschnitten habe, die definitv vermatscht waren, zum Beispiel die Hosta erst in den ersten Dezembertagen. Unsere Feuerdornhecke haben wir um mehr als einen Meter gekürzt und auch in der Breite verringert. Das sieht im Moment nicht so schön aus weil man die darüberliegende Wiese mit all den Gerätschaften des Pächters ahnen kann, aber sie wird wieder dicht wachsen. Zumindest brauchen wir in diesem Jahr nicht befürchten, dass sie bei nassem Schnee in größeren Mengen umfallen könnte.

  • Pfauenauge an der späten Asternblüte
  • Taubenschwänzchen am Gewürzsalbei, der im Oktober noch einmal wunderbar geblüht hat.
  • Die Wisteria im Sonnenschein am 25. November
  • Der Kleiber ist ständiger Bewohner des Gartens.

So warm der Herbst war, so kalt war es von Anfang Dezember bis in die Weihnachtswoche. Mehr als 10 Grad minus, das hatten wir schon länger nicht mehr. Leider war es auch mit Kahlfrost verbunden, es lag nur ein leichter Spurschnee. In der Woche vor Weihnachten war der Spuk vorbei, meinetwegen kann es das mit Winter gewesen sein ... Mir wäre jedenfalls mehr Regen lieber als Puffer für kommende warme und trockene Sommer. Apropos Regen: die Statistik sagt, dass bei uns 672 mm Regen im Gesamtjahr gefallen sind, übrigens kein wesentlicher Unterschied zu 2021, da waren es 662mm. Auffällig ist bei der Statistik, dass der Wind überwiegend aus Südwest kam was uns im Gegensatz zu anderen Gegenden weniger Niederschlag beschert hat. Das war 2021 auch schon so.